Außerdem ist Serial – trotz festem Skript bis auf die letzte Silbe – so authentisch wie kaum ein anderer Podcast. Wir hören die Originalaufnahmen, auf denen Bowe Bergdahl mit blechern-verzerrter Stimme aus dem Telefonlautsprecher zu hören ist – während Mark Boal auf der anderen Seite der Leitung nebenbei Cornflakes isst oder auf seinem Laptop tippt. Das ist nicht immer einfach, aber eben authentisch.
Natürlich darf man die Ohren der Hörer nicht bewusst überstrapazieren. Aber ich glaube, Staffel 2 ist eben schon thematisch keine Easy-Listening-Übung fürs Bügeln und Kochen wie Staffel 1. Klar, die Telefonaufnahmen hätte man nachsprechen lassen oder Sarah Koenig paraphrasieren lassen können. Aber so kann sich der Hörer eben auch in die Lage versetzen, wie es ist mit Bowe Bergdahl zu telefonieren. Seine exakte Wortwahl, seine Denkpausen, seine Motive zu hören. Allein dafür lohnt es sich, mit suboptimaler Audio-Qualität zu arbeiten.
Auch das stört mich an den deutschen Serial-Versuchen. Nicht nur dort wird gerne auf Hochglanz poliert, bis nichts mehr vom eigentlichen Original-Material übrig ist. Für mich gibt es – zumindest bei journalistischen Formaten – nichts Schlimmeres, als von „profesionellen Hörbuch-Vorlesern“ nachgesprochene Zitate. Für mich geht da eine Ebene verloren, die tolle Stimmen und perfekt betonte Texte nicht wettmachen können. Authentizität geht über Schönheit. Auch damit wirkt Serial lockerer, glaubwürdiger, sympathischer in Material und Sprechertext als die meisten deutschen Produktionen.