Mein Eindruck ist, dass diese Debatte mit dieser Vehemenz von besonders einer Gruppe von Podcastern geführt wird: Darunter diejenigen, die in ihren Twitter-Biografien ein Studium, einen Job oder ihren Arbeitgeber stehen haben. Jene Podcaster also, die hauptberuflich anderswo für die finanzielle Sicherheit sorgen, um sorglos Freizeit-Podcasten zu können. Aber wenn jemand mit dem Podcasting selbst eben diese finanzielle Sicherheit erreichen will, dann kommt immer wieder das Totschlagargument der Kommerzialisierung.
Das Kommerz-und-Plattform-Argument
Ohnehin nervt die Beschwerde über „Kommerzialisierung und Plattformisierung“. Natürlich ist die Macht der Plattformen in allen Bereichen des Internets mittlerweile bedenklich. Aber unter den deutschen Podcastern werden schlecht kommunizierte Wartungsarbeiten am RSS-Feed von SoundCloud direkt zum Vorzeichen der drohenden Plattform-Apokalypse interpretiert. Daneben hebt man immer wieder hervor, wie blöd das Geldverdienen mit Werbung und Native Advertising sind.
Im selben Atemzug wird aber erwähnt, was für tolle Modelle doch die freiwilligen Spenden bei Flattr und Patreon sind. (Flattr ist auch eine kommerzieller Plattform, die ganze zehn Prozent der Spenden als Gebühr erhebt; Patreon behält fünf Prozent. Und Flattr kooperiert seit 2012 mit der kommerziellen Plattform SoundCloud.) Die Ängste vor Kommerzialisierung und Plattformisierung des Podcasts kommen mir da schon arg selektiv vor.
Ja, Werbung ist jetzt nicht das Allertollste der Welt. Ich möchte auch nicht ganzen Tag ausschließlich die Spots von Audible, Stamps.com, Squarespace und MeUndies hören. Aber: Selbst beim US-Vorreiter Gimlet Media reicht das freiwillige Abo-Modell eben nicht aus, um die Inhalte zu finanzieren. Sonst hätten sich die Gimlet-Leute den ganzen Aufwand mit Native Advertising – inklusive dem bereits erlebten, dazugehörigen Mini-Shitstorm – wahrscheinlich gerne erspart. Werbung ist kein ideales Modell für alles und jeden. Aber eben ein Modell, das für die kommerziellen Anbieter eben jetzt/zeitnah funktioniert.
Das Problem mit der Podcast-Finanzierung ist, dass sie noch in den Kinderschuhen steckt. Die nötigen Innovationen und das Wachstum der Branche kommen nicht von allein, sondern brauchen Zeit und Mühe. Bis zu einem bestimmten Ausmaß kann eine Hobbyszene so eine Entwicklung stemmen und leisten. Aber die ganz große Schritte kommen nunmal meistens mit der Professionalisierung, aus dem hauptberuflichen Segment. Die kommen auch im Hobby-Bereich an, er profitiert von eben diesen Schritten. Am konkreten Beispiel Podcasts: Ob man Serial mag oder nicht, die globale Aufmerksamkeit für Podcasts war einzigartig und hat einen Großteil der aktuellen Entwicklungen in den USA wie hierzulande angestoßen. Nur: Wenn jemand etwas hauptberuflich macht, darf/muss irgendwo die Knete für Miete und Brot herkommen.
Trotzdem wird aus Teilen der Hobbyszene heraus geklagt, wie die Plattformisierung des Internets auch das so freie, offene, zugängliche Medium Podcast bedroht. Zeitgleich beschweren sich die selben Leute darüber, dass der Podcast in den Mainstream und die Medien kommt, zugänglicher, weniger technisch geprägt wird. Für euch Hobby-Podcaster/Internet-Kenner/native 1337-Speaker in Personalunion mögen RSS-Feeds und Podcatcher eine lächerlich einfache, nicht weiter erklärungswürdige Angelegenheit sein. Weil ihr technisch versiert seid. Weil ihr eine internetaffine Zielgruppe seid. Weil ihr eine Filterbubble seid. Das ist jetzt nicht weiter wild, so geht’s den Twitter-Nutzern ja auch. Aber seiner Filterbubble sollte man sich bewusst sein und gelegentlich sollte man sie auch mal verlassen. Denn draußen sieht’s beim Podcasts-Verständnis in Deutschland unbequem anders aus.
Danke
Stimme dem Beitrag zur Diskussion in fast allen Bereichen zu, allerdings frage mich aber immer wieder, warum man nicht das Kind beim Namen nennen kann und zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Podcasts unterscheidet. Und kommerziell ist an dieser Stelle völlig wertfrei gemeint. Was ist daran falsch, mit seinem Produkt Gewinn erzielen zu wollen und ich wüsste wirklich mal gerne, wer von den „Laberpodcastern / Betreibern eines nichtkommerziellen Podcast“ nein sagen würde, wenn Spotify vor der Tür stünde und ihm verspräche, es gäbe für Ihn garantiert das gleiche Gehalt wie bisher und das bis zu Rente und alles was er dafür tun müsse wäre Podcasts wie bisher zu produzieren.