Die Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt LeFloid ein dreißigminütiges Interview. Analoge Reichweite im Tausch gegen digitale Reichweite, so die Überlegung. Doch das Ganze wirkt wie ein Sommerinterview der Öffentlich-Rechtlichen, nur mit schlechten Fragen. Und dürfte für die junge Zielgruppe ungefähr genauso… äh… spannend sein.

Eine halbe Stunde hat die Neuland-Phobikerin Angela Merkel mit dem Neuland-Eingeborenen LeFloid gesprochen. Ein Interview kann man das Kuschel-Gespräch nicht nennen. Vielmehr liefert der Youtuber LeFloid zuverlässig die Stichworte für Standard-Antworten der Kanzlerin, die schon in den klassischen Medien zu vernehmen waren.

Ohne… Äh… Jumpcuts… irgendwie … ähm… anders

Der sonst so pointierte LeFloid ist außerhalb seiner Schnelle-Schnitte-und-Humor-durch-Einblendungen-Nische deutlich weniger unterhaltsam. Viel vom Charme seiner Beiträge geht durch das starre Sommerinterview-Format verloren, was aber sicherlich ein Zugeständnis an die Zusage der Kanzlerin war. Das Interview plätschert zieht sich wie Kaumgummi eine halbe Stunde hin, nur unterbrochen von vielen zustimmenden „Absolut“ des Youtubers. Und dem lautem Grollen, das die deutschen Journalisten-Köpfe auf Tischplatten machen, wenn LeFloid jede kritische Nachfrage auf Gedeih und Verderb vermeidet.

Das jugendlichste Element sind dann schon die diagonalen Einblendungen (wegen schräg, voll jugendlich und so) von #netzfragtmerkel-Posts aus den sozialen Medien. Ansonsten bleibt es eben bei dem hölzern-steifen Charme eines Sommerinterviews. Die Nachteile aus beiden Welten: Yeaaaah!

Immer noch Neuland

„Wenn ich junge Menschen erreichen möchte…“, das ist der Halbsatz, der die halbe Stunde passend zusammenfasst. Es ist der ungelenke Versuch einer internetfremden Kanzlerin, die jetzt krampfhaft die Reichweite zu erhöhen versucht: ohne große Zugeständnisse, weder an die Zielgruppe noch an das Format. Ob das Interview – abgesehen von Hardcore LeFloid-Fans – jetzt wirklich in der jungen Zielgruppe besser funktioniert als der Musikantenstadl, bezweifele ich vorsichtig.

Und zeigt, dass es mit dem „Neuland“ der Kanzlerin tatsächlich nicht weit her ist. „Kundschaft“ sagt Merkel, wenn sie die Fans und Follower von LeFloid meint. „Ich habe schonmal bei Google Hangout gemacht…“, erklärt die Kanzlerin mit reichlich Offline-Begeisterung. „Ein Riesending damals“, so die Kanzlerin, auch weil die medienrechtliche Sorge war, dass die Bundesregierung ein eigenes Fernsehen aufmache.

Wichtigste Stelle?

Im Video Ab 28:13.

Merkel: „Stellen Sie sich mal vor, ich würde jetzt dauernd sozusagen meinen eigenen Rundfunk machen. Das wird nicht so gerne gesehen…“
LeFloid: „Ach… das wäre bestimmt eine interessante Nummer…“
Merkel: „…da fehlt ja die kritische Frage.“
LeFloid: „Ich hätte Zeit…“

Das nicht-so-lustige-dafür-super-unkritische-Sommerinterview in voller Länge